Das Notizbuch, das unsere Besonderheiten beschützte und drei Generationen miteinander verband

Jemand hatte auf einen kleinen Zettel geschrieben:

„Inge – ohne Nüsse, ohne Stress. Braucht viel Zeit zum Essen und jemanden, der daneben sitzt.“

Sie las es, verstand vielleicht nicht alles.

Aber sie strich mit den Fingern über ihren Namen, als würde sie sich selbst wiederfinden.

„Ist das mein Buch?“ fragte sie plötzlich.

Ich lächelte.

„Es ist deine Idee“, sagte ich. „Und die bleibt hier. Bei uns.“

Später, als wir die Teller stapelten und der Raum langsam leer wurde, stand ich mit dem Notizbuch in der Hand am Fenster.

Draußen fiel leiser Schnee auf den Parkplatz des Heims, Autos kamen und gingen.

Ich dachte daran, wie die Welt draußen immer schneller geworden war, lauter, fordernder.

Hier drinnen hatte jemand vor vielen Jahren beschlossen, langsamer zu sein.

Genau hinzusehen.

Aufzuschreiben, was andere überrollt hätte.

Ich schlug das Buch auf die letzte Seite auf.

Unter den Eintrag über Inge schrieb ich:

„Dieses Notizbuch gehört jetzt allen, die bereit sind, genau hinzuschauen. Es ist kein Rezeptbuch. Es ist eine Erinnerung daran, dass jeder Mensch Besonderheiten hat und dass es ein Zeichen von Liebe ist, sie sich zu merken.“

Ich legte den Stift weg und atmete tief durch.

Vielleicht, dachte ich, wird irgendwann jemand eine neue, leere Kladde kaufen.

Vielleicht wird unsere Tochter Namen ihrer Freunde hineinschreiben.

Und vielleicht sitzt dann irgendwo eine andere Frau in einer kleinen Küche, schlägt das Buch auf und denkt:

Die Welt da draußen ist anstrengend genug.

Am Tisch soll niemand kämpfen müssen.

Hier wirst du gesehen.

Genau so, wie du bist.

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