🐾 Teil 4: Die Suche am Fluss und die Rückkehr
Sie finden Greta nicht sofort. Maris und Aylin laufen durch die Quadrate, die die Stadt zu einer Geometrie von Möglichkeiten machen. G7, G6, dann hinunter Richtung Neckar. Erwin bleibt im Hof, falls sie zurückkehrt. Struwe schreibt eine Notiz für die Haustür, die nicht bittet, sondern erklärt. Ilsebeth stellt die Tasse auf den Sims. Silex schweigt und hört.
Am Jungbusch riecht es nach Fluss und Öl. Boote schaukeln, als hätten sie das Atmen von anderen gelernt. Aylin pfeift nicht, sie sagt nur den Namen. Maris erinnert sich an die Wege, die Greta liebte, als ihre Beine noch schneller waren. Ein Pfad hinter einer Werkhalle, wo Gras zwischen Steinen wächst. Eine Ecke, an der jemand Brotkrumen ausschüttete, die Tauben und eine Katze teilten.
Sie entdecken sie im Schatten eines Containers. Greta liegt nicht flach, sie ruht. Ihre Augen sind offen, die Ohren heben sich, als sie Schritte hören. Maris kniet sich hin und legt das rote Tuch auf den Boden. Greta rückt ein wenig, als wolle sie dem Tuch näher sein. Aylin tastet den Puls. Er ist ruhig, fast zu ruhig. Sie sprechen ihr zu, damit das Zurück nicht scharf wird.
Der Rückweg ist länger als der Hinweg, weil man mit jedem Meter näher an etwas rückt, das schwer ist. Im Hof wartet ein Kreis aus Gesichtern. Erwin hat die Decke neu ausgelegt. Tarn und Quendel sitzen fast zu nah. Quast ruht unter der Bank, sein Atem schnellt, wenn Stimmen lauter werden. Silex beginnt eine helle Kette von Tönen und bricht sie mitten im dritten Glied ab.
Am Abend kommt Dr. Neuffer. Sie setzt sich auf die Kante der Bank, die Brille auf der Stirn. Sie erklärt, was Altern bedeutet, wenn es im Rücken beginnt und sich vorarbeitet. Von Linderung spricht sie, von Tagen, die gut sein können, wenn man sie nicht zwingt. Kein schnelles Ende, aber kein langes Warten auf Schlimmeres. Die Entscheidung liegt im Kreis, nicht in einer Hand.
Die Nacht wird zu einer Wache. Erwin erzählt leise von Haßloch, von einer Frau, die den Hof mochte, bevor der Wind anders wurde. Struwe liest ein Gedicht, das versteckt vom Loslassen spricht. Aylin hält die Lampe so, dass Wärme fällt, wo Kälte sein will. Maris streicht über das Fell und sagt manchmal nichts, was mehr ist als Worte.
Gegen drei Uhr wird Greta unruhig. Ein Fieber steigt kurz an, dann fällt es. Aylin tupft mit Wasser aus der Emailletasse ihre Stirn. Der Brunnen plätschert leise, eine Reparatur, die durch Zufall und Handwerk geschah. Dietmar hat das Gestänge geölt. Als das Wasser klar bleibt, schaut er lange zu, wie es läuft.
Der Morgen rückt näher. Ein erstes Vogelrufstück fällt in den Hof. Silex antwortet mit einem vorsichtigen Ton. Maris schließt kurz die Augen. Aylin zählt wieder Atemzüge. Erwin reckt den Rücken, als müsse er etwas tragen. Greta hebt den Kopf. Sie schaut zum Brunnen. Dann schaut sie zur Tür. Es ist der Blick von jemandem, der ein Wort zu Ende bringen will.
Die Frage bleibt, ob der Tag sie weit trägt.