Der Hund im Zug | Er folgte einem alten Hund in den Wald – was er fand, rührte alle zu Tränen

Teil 5 – Diagnose

Ein gleichmäßiges Piepen.
Kühle Luft auf der Haut.
Walter öffnet die Augen – blinzelt gegen das grelle Licht.

Eine Stimme sagt:
„Herr Brehm? Sie sind im Kreiskrankenhaus Eschwege. Sie hatten eine starke Unterzuckerung.“
Eine Frau im weißen Kittel beugt sich über ihn. Freundlich. Aber müde.

Walter schließt die Augen wieder.
Nicht, weil er schlafen will. Sondern weil er sich schämt.
Für die Vernachlässigung. Für das Vergessen. Für die Jahre, in denen ihm alles egal war – auch er selbst.

„Haben Sie jemanden, der Sie abholt?“ fragt die Ärztin.
Walter schüttelt den Kopf.
Dann denkt er an Moritz – allein an der Hütte, vielleicht verletzt, vielleicht hungernd.

„Der Hund…“
Die Ärztin runzelt die Stirn. „Welcher Hund?“
„Er… hat mich gefunden.“

Zwei Stunden später steht Walter mit zittrigen Beinen vor dem Krankenhaus.
Die Luft ist kühl, aber klar.
In der Jackentasche: eine Broschüre mit der Aufschrift „Leben mit Diabetes – was Sie jetzt wissen müssen“.
Spritzen. Tabletten. Kontrolle. Verzicht. Routine.

Aber nichts davon fühlt sich schwerer an als der Gedanke an Moritz.

Er nimmt ein Taxi zur Hütte.
Die Tür steht offen. Drinnen ist es ruhig.
Moritz liegt zusammengerollt unter dem Tisch – zitternd, das Fell stumpf, der Atem kurz.

„Ach Bub…“ Walter kniet sich hin, streichelt vorsichtig.
Moritz hebt den Kopf nur schwach.
Sein Blick ist matt, nicht klagend – aber deutlich: Etwas stimmt nicht.

Walter denkt nicht lange nach.
Er trägt den Hund auf dem Arm – obwohl seine Knie schmerzen, der Rücken brennt, das Herz rast.
Er muss es tun.


Zwei Stunden später, Tierarztpraxis Dr. Lenz, Wanfried.

„Er ist nicht mehr der Jüngste“, sagt die Tierärztin.
„Herzschwäche. Gelenkprobleme. Und er hat Fieber. Wir behalten ihn ein paar Tage zur Beobachtung.“

Walter sitzt still, die Finger umklammern den abgenutzten Griff seines Spazierstocks.
„Wird er wieder gesund?“
„Wenn man sich kümmert, ja. Er braucht Medikamente. Ruhe. Und jemanden, der bei ihm bleibt.“

Walter nickt.
„Ich bleib. Was immer es kostet.“

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