Die Laterne am Marktplatz | Unter der Laterne blieb ein Platz frei, und ein Dorf lernte, leise zu lieben hier

🐾 Teil 7: Abschied von Zofia und Arguna

Das Läuten war kein Klang, der Besitz markierte. Es war wie ein leiser Gruß. Naraq hatte den Kopf bewegt. Das Band strich über den Haken. Ein Ton, der kurz war und trotzdem nachhallte, als sei der Platz eine große Muschel.

Die Leute lächelten. Manche weinten. Nicht vor Trauer. Vor Erleichterung darüber, dass in einer Welt, die selten aufpasst, ein Ton an der richtigen Stelle stand.

Der Winter wurde härter. Die Laterne bekam Eisblumen. Jemand brachte eine Handvoll Sand, damit die Steine nicht glatt wurden. Jemand anderes nähte für die Bank eine Kante, auf die man sich setzen konnte, ohne kalten Rücken zu bekommen. Kleine Reparaturen hielten die Ordnung warm.

Zofia wurde wieder krank. Diesmal anders. Keine Atemnot. Eine Erschöpfung, die aus dem Inneren kam und die Dinge flacher machte. Augustin brachte sie an die Laterne. Nicht lang. Nur so, dass die Augen das Licht erinnern konnten. Sie lächelte. Sie schlief ein. Als sie aufwachte, war ihr Gesicht ein wenig zurückgekehrt.

Leopold und Lila lasen sich Briefe vor. Alte, die nie geschrieben worden waren. Sie taten es leise, so dass es aussah, als sprächen sie für sich. Jorin hörte zu, ohne hinzusehen. Er polierte das Messing, wenn niemand hinhörte. Er streichelte Naraq. Einmal legte Naraq die Pfote auf Jorins Schuh, als wolle er sagen, dass er anwesend sei, falls jemand Aufsicht brauche.

In einer Nacht, die so klar war, dass die Sterne fast scharf taten, fiel Arguna von der Laterne. Sie rutschte ab, weil das Eis das Metall glatter gemacht hatte, als ihr Griff sein konnte. Sie schlug nicht hart auf. Doch der Schreck ging durch die Menschen wie ein kalter Wind. Jorin hob sie auf. Sie ließ es zu.

Er setzte sie auf den Brunnenrand, wo das Eis schwächer war. Man sah zum ersten Mal, wie alt sie war. Ihre Augen waren trüber. Ihre Atmung schneller. Sie blieb eine Weile. Dann flog sie, schwerer als vorher, und setzte sich auf den Sim eines Fensters.

Am nächsten Morgen lag eine schwarze Feder auf der Bank. Nicht glänzend. Matt. Ein Zeichen, das keiner deutete, um es nicht zu verkleinern.

Da geschah die zweite Wendung. Zofia starb. Es war kein Kampf. Es war ein Gehen, das stimmte. Augustin kam am Abend. Er trug ihre Kornblume. Er setzte sich. Er sprach ihren Namen. Die Leute setzten sich daneben. Niemand machte den Fehler, Trost zu behaupten. Man ließ ihn, wenn er kam.

Augustin legte den Zettel unter Claras Namen. Er schrieb Zofia und die Jahre. Er ließ zwischen die Zahlen ein wenig Luft. Jorin legte die Messingglocke daneben. Sie berührte kurz den Rand. Ein Ton. Ein Gruß. Mehr nicht.

Als die Trauerfeier vorbei war und der Platz wieder luftiger, blieb Augustin an der Laterne. Er sagte, dass er nicht wisse, was er ab jetzt tue, wenn die Stunde der Stille endet. Jorin sagte, dass es Abende gebe, die nicht enden. Man könne sitzen, bis die Kälte einen nach Hause begleitet. Augustin nickte. Er sagte, dass er beginnen werde, die Bank zu ölen. Damit sie länger hält. Man darf die Dinge pflegen, die einen getragen haben.

Und während sie so sprachen, setzte sich die Krähe wieder auf die Laterne. Leicht. Als habe sie gelernt, wo das Metall ruht. Der Platz atmete auf.

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