Die schönste Lüge meines Lebens: Warum eine Rechnung über null Euro mich unendlich reich machte

Ich habe heute einer Kundin ins Gesicht gelogen. Und es war die beste Entscheidung meines Lebens.

Ich bin seit über 30 Jahren KFZ-Meister. Meine Hände sind dauerhaft schwarz vom Öl, mein Rücken schmerzt, sobald das nasskalte Herbstwetter einsetzt, und ich habe schon jede Ausrede gehört, warum jemand seine Rechnung nicht bezahlen kann.

Ich führe eine straffe Werkstatt. Keine Geschenke. Das hier ist ein Geschäft, keine Wohlfahrt. Das sage ich meinen Jungs immer wieder. „Deutsche Wertarbeit kostet Geld.“

Doch heute Morgen um 8:00 Uhr rollte ein heruntergekommener Kleinwagen, Baujahr 2001, auf den Hof. Er klang wie ein Rasenmäher, der Kieselsteine hustet. Dampf stieg unter der Motorhaube auf.

Die Fahrerin war eine junge Frau, vielleicht Anfang 20. Sie trug einen Pflegekittel, der zwei Nummern zu groß wirkte, und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Auf dem Rücksitz, angeschnallt in einem abgenutzten Kindersitz, schlief ein Kleinkind tief und fest.

Sie stieg aus, zitternd vor Kälte. „Er macht so komische Geräusche“, flüsterte sie. „Bitte sagen Sie mir, dass es nur eine Kleinigkeit ist.“

Ich öffnete die Haube. Ich musste nicht lange suchen. Ein Kühlwasserschlauch war undicht, der Keilriemen piff aus dem letzten Loch, und der Motorraum war ölverschmiert. Ich wischte mir die Hände an einem Lappen ab. „Es sieht nicht gut aus, junge Frau. Wenn wir das ordentlich machen… sind Sie schnell bei 800 Euro. Mindestens.“

Sie weinte nicht. Es war schlimmer. Sie wurde ganz still. Sie blickte auf ihr schlafendes Kind und dann auf ihre Uhr. „Ich habe heute meinen ersten Tag im Klinikum“, sagte sie mit hohler Stimme. „Ich bin noch in der Probezeit. Wenn ich zu spät komme, ist der Job weg. Mein Konto ist schon im Dispo. Ich habe nichts mehr.“

Sie griff nach ihrem Schlüssel. „Ich… ich fülle einfach Wasser nach und versuche es. Wenn er den Geist aufgibt, dann ist es eben so.“

Bei uns lässt man kein verkehrsunsicheres Auto vom Hof. Aber als ich sie ansah, sah ich meine eigene Tochter. Ich sah den Kampf einer Mutter, die versucht, sich ein Leben aufzubauen, während ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Ich seufzte tief. Ich sah meine Jungs an, die schon arbeiteten. „Lassen Sie den Schlüssel hier“, brummte ich.

„Ich kann Sie nicht bezahlen“, sagte sie panisch.

„Habe ich nach Geld gefragt?“ blaffte ich sie sanft an. „Das Ersatzteil muss bestellt werden. Lieferengpass. Dauert zwei Wochen.“

„Zwei Wochen? Aber wie soll ich zur Arbeit kommen?“

Ich griff in meine Tasche und holte einen anderen Schlüssel heraus. Den Schlüssel zu meinem privaten Kombi. Ein alter Diesel, den ich jahrelang restauriert hatte. Er fährt wie ein Panzer und ist sicher.

„Nehmen Sie den“, sagte ich und warf ihr den Schlüssel zu. „Das ist unser… Werkstatt-Ersatzwagen. Ist im Service inbegriffen. Der Tank ist voll. Bringen Sie ihn in zwei Wochen wieder.“

Mein Geselle starrte mich an, als wäre ich verrückt geworden. „Meister, das ist dein ‘Baby’! Da darf sonst niemand ran!“ „Klappe halten, Fabian“, murmelte ich. „Bau den Kindersitz um.“

Sie fuhr mit meinem geliebten Wagen vom Hof. Sie saß in einem Auto mit Sitzheizung, Airbags und einer stabilen Karosserie. Sie und das Kind waren sicher.

In den nächsten zwei Wochen stand ihr altes Auto in meiner Werkstatt. Es gab keinen „Lieferengpass“. Der Schlauch kostete mich im Einkauf 20 Euro. Aber ich tat mehr.

In meiner Mittagspause und nach Feierabend machte ich mich an die Arbeit. Ich zog vier gute gebrauchte Winterreifen auf, die noch im Lager lagen – ihre alten waren lebensgefährlich glatt. Ich wechselte die Bremsbeläge, erneuerte das Öl und polierte die blinden Scheinwerfer, damit sie im Dunkeln auch etwas sieht.

Zwei Wochen später kam sie zurück. Sie sah besser aus. Weniger müde. Sie legte den Schlüssel meines Kombis auf den Tresen. „Er fährt traumhaft. Danke. Ich… ich habe Angst vor der Rechnung.“

Ich schob ihr ein Blatt Papier rüber. Unten rechts stand: 0,00 €.

„Was?“ Sie starrte mich an.

„Kulanz“, log ich, ohne rot zu werden. „Es gab da eine… stille Rückrufaktion des Herstellers für diesen speziellen Schlauch. Materialfehler. Die übernehmen das komplett. Ich habe nur noch ein paar Schrauben festgezogen.“

Sie sah mich an. Sie wusste, dass das Unsinn war. Ein 20 Jahre altes Auto hat keine Garantie mehr. Sie sah die neuen Reifen. Sie roch das frische Öl. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Warum?“

„Verschwinden Sie schon“, brummte ich und tat so, als wäre ich beschäftigt. „Und fahren Sie vorsichtig. Die Straßen sind glatt.“

Sie fuhr weinend davon. In einem sicheren, reparierten Auto.

Ich habe ein paar hundert Euro an Teilen und viele Stunden Arbeit „verloren“. Ich werde diesen Monat wohl öfter Leberkässemmel statt Rinderbraten essen müssen, um die Bilanz auszugleichen. Aber ich erinnere mich, wie es war, jung zu sein. Pleite zu sein. Auf ein Wunder zu hoffen. Heute durfte ich das Wunder sein.

Wir verbringen so viel Zeit damit, unser Geld und unsere Sachen zu bewachen. Aber man kann keinen Oldtimer mit ins Grab nehmen. Man kann nur das Gefühl mitnehmen, dass man den Weg für jemanden ein bisschen weniger steinig gemacht hat.

Sei heute der Lichtblick, den jemand braucht.

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