Feuer und Fell | Ein namenloser Hund taucht nach einem Brand auf und führt die Feuerwehr zu einer vergessenen Wahrheit

🐾 Teil 7: Die Rückkehr

Die Blaulichter warfen kalte Kreise über den Asphalt. Wir standen am Rand, das Adrenalin noch in den Knochen, als Klara Quast zwischen den Polizisten stand. Blass, rußverschmiert, aber lebendig. Ihr Körper schwankte, doch ihre Augen hielten stand.

Nicht uns, nicht die Beamten, sondern nur einen: Branko.

Der Hund lief auf sie zu, nicht hastig, sondern in einem gemessenen Schritt, als wollte er ihr Zeit geben. Erst als er direkt vor ihr stand, hob sie die Hand. Ein Zittern ging durch die Finger, dann berührte sie seine Stirn. Branko schloss die Augen, und in diesem stillen Moment war mehr Wahrheit als in allen Worten, die danach folgen würden.

Hauptkommissar Dorn trat vor. „Frau Quast, wir müssen mit Ihnen reden.“ Seine Stimme klang streng, aber nicht unfreundlich.

Klara nickte kaum merklich. Ihre Lippen bewegten sich, doch kein Ton kam heraus. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihr. „Ich… brauche Wasser.“

Der Notarzt reichte ihr eine Flasche. Sie trank gierig, verschluckte sich, hustete, trank weiter. Dann setzte sie sich schwer auf die Stufe des Löschfahrzeugs, Branko zu ihren Füßen, als sei er der einzige Anker.

„Wo waren Sie in den letzten Jahren?“ fragte Dorn.

Sie schwieg. Nur ihre Hand wanderte immer wieder ins Fell des Hundes, als schöpfe sie dort die Worte. Endlich sagte sie: „Im Schatten. Immer im Schatten.“

Wir wechselten Blicke. Hanno trat einen Schritt vor. „Klara, wir haben dein Tagebuch gefunden. Und den Schuppen. Du musst uns sagen, was passiert ist.“

Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ihr versteht nicht. Es war nie das Feuer, vor dem ich geflohen bin. Es waren die Menschen.“

Ein Murmeln ging durch die Beamten. Dorn runzelte die Stirn. „Welche Menschen?“

Klara schüttelte den Kopf, als fürchte sie, den Namen auszusprechen. „Sie wollten, dass ich schweige. Über den Unfall. Über das, was damals wirklich passiert ist.“

Gudrun beugte sich zu ihr. „Und Branko? Warum immer er?“

Ein schwaches Lächeln glitt über Klaras Gesicht. „Er war der Einzige, der wusste, wo ich war. Ich habe ihn zurückgelassen, damit er mich findet, wenn ich es selbst nicht mehr kann.“

Der Regen setzte ein, leise Tropfen auf Blech und Haut. Alles um uns schien still zu werden, selbst die Motoren der Einsatzfahrzeuge.

Dorn holte tief Luft. „Wir bringen Sie ins Präsidium. Dort sind Sie sicher. Sie können alles erklären.“

Doch Klara schüttelte heftig den Kopf. „Dort bin ich nicht sicher.“

Die Worte hingen schwer in der Luft.

„Warum nicht?“ fragte Hanno leise.

Sie sah ihn an, ihre Augen brannten trotz der Müdigkeit. „Weil einer von ihnen bei der Polizei ist.“

Ein Raunen ging durch die Reihen. Dorn versteinerte. „Was sagen Sie da?“

Klara presste die Lippen zusammen. „Ich habe zu lange geschwiegen. Aber wenn ich jetzt noch einmal schweige, bin ich verloren.“

Branko bellte, kurz und scharf, als wolle er ihre Worte bekräftigen.

Dorn sah uns an, seine Miene undurchdringlich. „Wir kümmern uns darum. Sie bleibt in unserer Obhut.“

Doch das Misstrauen war nun wie ein Schatten über allem. Gudrun flüsterte Hanno ins Ohr: „Wenn sie recht hat, dann ist sie nirgends sicher.“

Wir brachten Klara schließlich ins Gerätehaus. Es war der einzige Ort, an dem sie sich zu Hause fühlte. Sie legte sich auf eine Bank, Branko dicht an ihrer Seite. Ihre Hand verkrampfte sich im Fell, selbst im Schlaf.

Die Nacht war lang. Wir wechselten uns ab, hielten Wache. Draußen rauschte der Regen, drinnen hörte man nur Atemzüge und das gelegentliche Knacken des Ofens.

Am frühen Morgen, als der Nebel schwer über dem Tal lag, öffnete Klara die Augen. „Hanno?“ flüsterte sie.

Er setzte sich neben sie. „Ja.“

„Du musst wissen… der Brand am Brunnensteig war kein Unfall.“

Die Worte schnitten wie Glas.

„Jemand hat ihn gelegt. Für mich.“

Sie schwieg danach, als sei jedes Wort eine Last, die sie kaum tragen konnte.

Branko hob den Kopf, seine Augen wach, seine Muskeln gespannt. Er sah zur Tür, als spürte er etwas, das wir nicht hörten.

Und dann, in der Ferne, ein Geräusch. Reifen auf Kies. Ein Motor, der im Leerlauf knurrte.

Jemand kam näher.

Manche Geständnisse wecken genau die, vor denen man fliehen wollte.

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