🐾 Teil 8: Das Geräusch vor der Tür
Der Motor draußen knurrte im Standgas, tief und ungeduldig. Wir hielten den Atem an. Das erste Licht des Morgens fiel fahl durch die Fenster, der Regen hatte sich gelegt, doch die Luft roch noch nach nassem Asphalt.
Branko stand bereits an der Tür, der Körper angespannt, die Nackenhaare leicht aufgestellt. Kein Laut kam über seine Kehle, nur dieses starre Warten, als wüsste er genau, dass Gefahr nahte.
Hanno legte den Finger an die Lippen, bedeutete uns, leise zu sein. Gudrun trat an Klara heran, die sich auf der Bank aufgerichtet hatte. Ihre Augen waren geweitet, sie zitterte. „Es ist zu früh“, flüsterte sie. „Sie haben mich gefunden.“
„Wer?“ fragte Tjark.
Sie schüttelte den Kopf, unfähig, mehr zu sagen.
Draußen ging der Motor aus. Schritte knirschten über den Kies. Schwer, bestimmt, nicht hastig. Jemand wusste, wohin er wollte.
Hanno griff nach der Tür, öffnete einen Spalt. Draußen stand ein Wagen, schwarz, ohne Kennzeichen. Daneben ein Mann im Mantel, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Er stand einfach da, als gehöre der Platz ihm.
„Was wollen Sie?“ rief Hanno hinaus.
Der Mann hob den Kopf. „Sie haben etwas, das mir gehört.“ Seine Stimme war ruhig, beinahe höflich.
„Hier gibt es nichts für Sie“, erwiderte Hanno.
„Doch,“ sagte der Fremde. „Das Mädchen.“
Ein Knurren vibrierte durch den Raum. Branko hatte sich vor Klara gestellt, die Lefzen leicht erhoben. Seine Augen glühten im Zwielicht, als habe er nur auf diesen Moment gewartet.
Der Fremde machte einen Schritt auf die Tür zu. „Geben Sie sie mir. Sie weiß zu viel.“
Dorn war nicht hier. Keine Polizei, nur wir. Für einen Moment fühlte sich das Gerätehaus an wie eine Festung, die von innen verteidigt werden musste.
Hanno riss die Tür weit auf. „Verschwinden Sie.“
Der Mann lächelte kalt. „Sie können mich nicht aufhalten. Und ein Hund schon gar nicht.“
Kaum hatte er das gesagt, sprang Branko nach vorn. Mit einer Geschwindigkeit, die niemand erwartet hätte, war er durch die Tür und auf den Mann zu. Ein Aufschrei, ein dumpfer Schlag, dann stürzte der Fremde zurück, das Gesicht im Dreck. Branko stand über ihm, Zähne entblößt, der Körper ein einziges Drohen.
Der Mann riss eine Hand hoch, als wolle er etwas aus der Jacke ziehen. Hanno packte ihn, drückte den Arm nach unten. „Lass das.“
In diesem Moment hörten wir Sirenen. Polizeiwagen rasten die Straße herauf, Blaulicht spiegelte sich in den Fenstern. Dorn sprang aus dem ersten Fahrzeug, stürmte auf uns zu.
„Was geht hier vor?“ brüllte er.
Hanno zeigte auf den Fremden, der nun zwischen Brankos Zähnen und Dorn lag. „Er wollte Klara.“
Die Beamten packten den Mann, legten ihm Handschellen an. Branko ließ nur zögernd los, seine Augen noch immer auf den Fremden geheftet, als wollte er ihn nie wieder aus den Augen lassen.
Dorn bückte sich, zog die Kapuze des Mannes zurück. Ein schmaler Kopf, scharfe Wangenknochen, Augen wie Glas. Niemand von uns kannte ihn.
„Name?“ fragte Dorn.
„Sagt er nicht,“ meldete einer der Beamten, der bereits nach Papieren gesucht hatte. „Er hat nichts bei sich.“
Klara trat hervor, ihre Stimme brüchig. „Er war beim Werk. Damals, beim Unfall. Ich habe ihn gesehen.“
Alle Augen wandten sich ihr zu.
„Er hat den Schalter umgelegt,“ fuhr sie fort. „Und danach hat man mir gesagt, ich solle schweigen. Sonst würde ich das nächste Feuer nicht überleben.“
Ein schweres Schweigen legte sich über den Hof. Dorn nickte knapp. „Dann haben wir endlich einen Faden.“
Die Beamten brachten den Mann ab. Doch in Klaras Gesicht lag keine Erleichterung. „Das ist nur einer,“ sagte sie leise. „Es gibt mehr.“
Wir brachten sie wieder hinein, setzten uns zusammen. Der Morgen dämmerte, aber in uns war nur Dunkelheit.
„Sie werden nicht aufhören,“ flüsterte sie. „Sie wollen, dass die Wahrheit mit mir stirbt.“
Branko legte den Kopf auf ihre Knie. Sein Körper war angespannt, seine Augen wach. Er schien zu wissen, dass die Nacht noch nicht vorbei war, auch wenn draußen der Tag begann.
Und dann, während wir alle in Gedanken versunken waren, begann das Funkgerät plötzlich zu rauschen. Eine Stimme, hektisch, schwer verständlich.
„Brand… alte Papierfabrik… mehrere Personen eingeschlossen.“
Wir sprangen auf.
Branko erhob sich ebenfalls, als wüsste er, dass dies mehr war als ein Einsatz. Es war eine Botschaft.
Manchmal brennt ein Feuer nicht zufällig, es wartet auf dich.