🐾Teil 8: Das Hundefest im Viertel
Der Sommer lag wie ein goldenes Tuch über Lüneburg.
Die Linden in den Straßen warfen dichten Schatten, und in den Vorgärten summten die Bienen.
Es war Anna, die eines Nachmittags im Hof die Idee aussprach: „Wir sollten ein Fest machen. Für die Hunde. Und für das Hundetaxi.“
Max ließ sofort alles fallen, was er in der Hand hatte.
„Mit Spielen und vielleicht einem Wettbewerb? Wer den schönsten Hund hat?“
Jonas schob den Werkzeugkasten beiseite und grinste. „Und wir könnten Essen verkaufen, das bringt Geld in die Kasse.“
Hilde saß auf der Bank unter dem großen Kastanienbaum und hörte zu.
Die Vorstellung gefiel ihr. Ein Fest, bei dem die Menschen und ihre Hunde zusammenkamen, klang nach etwas, das dem Viertel guttun würde.
„Wenn wir es machen, dann richtig“, sagte sie schließlich. „Mit einem kleinen Programm. Und ich erzähle, wie das Hundetaxi angefangen hat.“
Die Vorbereitungen begannen sofort.
Anna schrieb bunte Plakate und klebte sie an Bäckerei- und Apothekenschaufenster.
Max baute mit Herrn Fenske einen kleinen Holzstand für Getränke und Kuchen.
Jonas kümmerte sich um die Technik – ein Mikrofon, ein Lautsprecher und eine kleine Box für Musik.
Am Tag des Festes war der Hof kaum wiederzuerkennen.
Bunte Wimpelketten hingen zwischen den Bäumen, Tische waren mit karierten Decken gedeckt, und auf einem langen Brett standen Schüsseln mit Wasser für die Hunde.
Fritz lag auf einer Decke im Schatten, die Zunge leicht heraushängend, und beobachtete das Treiben.
Gegen Mittag füllte sich der Platz.
Es kamen Nachbarn, Freunde und sogar ein paar Besucher aus anderen Straßen.
Hunde in allen Größen – vom winzigen Chihuahua bis zum schweren Bernhardiner – schnüffelten aneinander, bellten und wedelten, während ihre Besitzer lachten.
Die Spiele begannen mit einem einfachen Wettrennen.
Wer seinen Hund am schnellsten über die Wiese rief, gewann.
Ein kleiner Terrier namens Lotte stahl allen die Show, indem er erst einmal in die falsche Richtung rannte, dann aber mit einem riesigen Satz ins Ziel sprang.
Danach folgte der Fotowettbewerb.
Die Leute hatten alte und neue Bilder ihrer Hunde mitgebracht, die an einer Leine aufgehängt wurden.
Es gab Bilder von Welpen im Körbchen, von Hunden im Schnee, von Geburtstagen mit Partyhütchen.
Hilde ging die Reihe entlang, lächelte bei jedem Foto und spürte, wie sehr all diese Tiere in die Herzen ihrer Menschen eingewoben waren.
Zwischen den Spielen liefen die Stände gut.
Es gab selbstgebackenen Kuchen, Limonade, belegte Brötchen und sogar Hundekekse in Knochenform.
Die Einnahmen legten die Kinder in eine Blechkasse, die bald schon ordentlich Gewicht bekam.
Am frühen Nachmittag nahm Hilde das Mikrofon.
Sie stand auf der kleinen Holzplattform, die Max und Jonas gezimmert hatten, und blickte in die erwartungsvollen Gesichter.
„Vor einem Jahr stand ich mit einem alten Dreirad in meinem Schuppen und wusste nicht, dass es bald mehr sein würde als nur ein Rad“, begann sie.
Sie erzählte von der Bushaltestelle, an der sie den Dackel von Frau Voss gesehen hatte.
Davon, wie die Kinder halfen, das Hundetaxi zu bauen.
Von den ersten Fahrten, von Arko und Frau Klinger, von dem Regen, durch den sie trotzdem gefahren waren.
Die Leute hörten still zu, manche nickten, andere hielten ihre Hunde etwas fester.
„Heute ist das Hundetaxi nicht mehr nur meins“, sagte Hilde zum Schluss.
„Es gehört uns allen. Denen, die fahren, denen, die mitfahren, und denen, die helfen, dass wir weiterrollen können.“
Ein kurzer Applaus füllte den Hof, warm und herzlich.
Der Rest des Nachmittags verging wie im Flug.
Kinder liefen zwischen den Beinen der Hunde herum, es wurde gelacht, fotografiert, und das Hundetaxi diente als beliebter Sitzplatz für Selfies.
Fritz lag die meiste Zeit still in seinem Schattenplatz, doch immer wieder kam jemand, um ihn zu streicheln.
Als die Sonne tiefer sank und die letzten Besucher gingen, spürte Hilde, dass etwas nicht stimmte.
Fritz lag ungewöhnlich still, der Blick matt, und als er sich erhob, keuchte er leicht.
Sein Atem ging schneller als sonst, und ein Husten schüttelte ihn.
„Es ist nur die Wärme“, sagte Anna leise, doch Hilde schüttelte den Kopf.
Sie kniete sich zu Fritz, legte ihre Hand an seine Brust und fühlte den unruhigen Schlag.
„Wir gehen jetzt zur Frau Doktor“, entschied sie.
Jonas holte schnell das neue Hundetaxi, Max half, Fritz vorsichtig hineinzuheben.
Hilde setzte sich auf den Sattel, ohne an Müdigkeit oder den langen Tag zu denken.
Der Weg zur Tierärztin war kurz, aber er kam ihr endlos vor.
Die Straßen waren still, nur das leise Rattern der Räder und Fritz’ unregelmäßiger Atem begleiteten sie.
Hilde sprach leise zu ihm, Worte, die vielleicht mehr für sie selbst waren als für ihn.
Als sie vor der Praxis anhielt, war das Licht im Empfangsraum noch an.
Und während die Tür sich öffnete, wusste Hilde, dass dies nicht nur ein gewöhnlicher Kontrollbesuch sein würde.