Wenn ich heute, Jahre später, in Interviews gefragt werde, was der Höhepunkt meines Erfolgs war, erwarten die Leute bestimmte Antworten.
Sie erwarten, dass ich vom erfolgreichen Börsengang von Nezzuss Security erzähle. Oder von dem Moment, als mein Gesicht auf dem Cover des Wirtschaftsmagazins war. Oder vielleicht von dem Tag, als ich die letzte Rate für das Penthouse überwies, das mir jetzt ganz allein gehört.
Aber das sind nicht meine liebsten Momente.
Wenn ich nachts auf meinem Balkon stehe und die Lichter von Frankfurt betrachte, wandert mein Geist nicht zu den großen Triumphen zurück. Er wandert zurück zu jenem schrecklichen, wunderbaren Dienstagmorgen im Konferenzraum von WeberCo & Co.
Ich sehe Markus’ rotes Gesicht vor mir, wie er mich vor der versammelten Belegschaft anschrie. Ich höre das hämische Kichern aus der Marketingabteilung. Ich spüre die Blicke von zweihundert Mitarbeitern, die dachten, sie würden gerade mein Ende beobachten.
Und dann erinnere ich mich an das Gefühl der absoluten, eisigen Ruhe, die mich überkam.
Mein liebster Moment ist nicht der Sieg. Es ist der Moment kurz davor.
Es ist der Augenblick, in dem ich meine Tasche nahm, Markus direkt in die Augen sah und diese zwei einfachen Worte sagte:
„In Ordnung.“
Und dann hinausging.
Mit dem gleichmäßigen Klacken meiner Absätze auf dem Marmorboden. Ohne Tränen. Ohne Geschrei. Ohne zurückzublicken.
Einfach nur hinausgehen in dem stillen, köstlichen Wissen, dass ich den Zeitzünder bereits aktiviert hatte. Dass ihre Lizenzen abliefen. Dass die Server warteten. Und dass um Punkt Mitternacht, wenn sie alle schliefen, die Lichter ausgehen würden.
Rache ist nicht immer laut. Gerechtigkeit braucht keine große Bühne.
Manchmal sind die mächtigsten Worte, die eine Frau sagen kann, einfach nur: „In Ordnung.“
Denn während sie lachten, wusste ich bereits, was sie erst am nächsten Morgen begreifen würden:
Ich war nicht das Opfer in ihrer Geschichte. Ich war die Autorin. Und ich hatte gerade erst angefangen, das letzte Kapitel zu schreiben.






