Nur ein alter Mann mit Erde an den Händen

Zwei Wochen später kam ein Brief.

Ein Lokalreporter hatte von dem Schulprojekt gehört. Er wollte Heinrich interviewen. Der Artikel erschien im Gemeindeblatt unter der Überschrift:
„Ein Bauer erzählt, bevor der Acker schweigt.“

Drei Tage nach Veröffentlichung kam eine ältere Dame mit Rollator zum Hof. Sie hatte das Bild gesehen, Heinrich erkannt.
„Ich hab früher bei Ihnen Eier gekauft. Immer noch die besten. Wissen Sie das eigentlich?“

Heinrich nickte nur.
Aber an dem Abend stellte er eine kleine Kiste mit Eiern vor das Hoftor.
Mit einem Zettel:

„Bitte einfach mitnehmen. Ich hab mehr als genug.“


Der folgende Samstag kam.
Heinrich fuhr wieder auf den Markt.
Gleicher Stand. Gleiche Möhren.

Aber diesmal blieb eine Frau stehen.
Dann ein junger Vater mit seinem Sohn.

Dann ein Rentner, der sagte: „Ich hab Sie im Blatt gesehen. Schön, dass Sie noch da sind.“

Heinrich verkaufte 12 Kilo Kartoffeln. Und bekam drei Mal ein ehrliches Danke.


Als die Sonne unterging, saß er am Feldrand.
Die Erde war noch warm vom Tag.

Er strich mit der Hand darüber – langsam, wie über das Gesicht eines alten Freundes.

Lena kam mit dem Fahrrad. Setzte sich neben ihn.
Sie sagte nichts. Musste sie nicht.

Nach einer Weile murmelte Heinrich:
„Weißt du, Mädchen … die da drinnen in den Büros, die denken, das hier ist Dreck.“

Er hielt eine Handvoll Erde hoch.
„Aber das hier … das hat mich ernährt. Hat dich ernährt. Und wird irgendwann wieder alles sein, was von mir bleibt.“

Lena legte ihre Hand auf seine.

Und für einen kurzen Moment war die Welt still.

Nicht leer. Nicht traurig.
Still – wie ein Dank, den niemand laut sagen musste.

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